Globalisierung und Digitalisierung verändern unsere Gesellschaften grundlegend. Die dadurch wachsende kulturelle Vielfalt und der Austausch prägen und bereichern das Zusammenleben. Gleichzeitig ist Diskriminierung allgegenwärtig. Vorurteile und verinnerlichtes Schubladendenken, ob tief verwurzelt oder unbewusst, ziehen eine Grenze zwischen der eigenen Person und den „Anderen“.
Zunächst bedeutet das lateinische Wort discriminare „trennen, absondern, auslesen“. Sozialpsychologisch und politisch meint Diskriminierung die Ungleichbehandlung, Benachteiligung und Ausgrenzung von einzelnen Menschen oder Gruppen aufgrund zugewiesener Merkmale. Diese Unterscheidungen werden stets mit Vorurteilen verknüpft, die das Herabwürdigen der Person oder der Personengruppe vermeintlich legitimieren. Auch wenn das Recht auf Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland im Grundgesetz verankert ist, lässt sich Diskriminierungen in vielen Bereichen nachweisen. Die Diskriminierung und Verunglimpfung von und durch Nutzer:innen in den sozialen Online-Netzwerken ist dabei eine alarmierende Entwicklung.
Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und hat eine lange Tradition aus Glaubenssystemen, Vorurteilen und Vorstellungen von Normalität. Kaum ein Mensch ist frei von diesen tradierten Einflüssen.
Es gibt Personen, die weniger oder selten von Diskriminierung betroffen sind als andere. Sie haben Privilegien. Diese Privilegien meinen jedoch nicht, dass ein Mensch nicht aufgrund anderer Merkmale auch Diskriminierung erfahren kann. So ist zum Beispiel ein weißer Mann nicht von Rassismus betroffen, kann aber aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden.
Nicht selten diskriminieren wir unbewusst. Nichtdestotrotz wirkt sich auch eine unbewusste Diskriminierung für die Betroffenen verletzend und ausgrenzend aus.
Laut einer Auskunft des Bundesfamilienministeriums registrierte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zwischen 2010 und 2018 eine Verdopplung der gemeldeten Diskriminierungserfahrungen – von 2181 auf 4216. Davon berichtete der Spiegel im Dezember 2019. Die gemeldeten Fälle betreffen am häufigsten Menschen, die aufgrund von Rassismus, Sexismus oder einer Behinderung diskriminiert wurden.
Personengruppen, die von Hass im Netz betroffen sind, sind laut der bundesweiten Studie #Hass im Netz meist amtierende Politiker:innen, geflüchtete Menschen, politisch Andersdenkende, Menschen mit Migrationshintergrund sowie Muslimas und Muslime.
Menschen können auch aufgrund mehrerer Merkmale ausgegrenzt und benachteiligt werden. Eine solche Mehrfachdiskriminierung wird als mehrdimensionale oder intersektionale Diskriminierung bezeichnet.
Um diskriminierendes Denken und Handeln an uns selbst zu erkennen, müssen wir uns permanent in unserem Verhalten und unseren Urteilen beobachten und hinterfragen. Sollten wir Menschen treffen, die Diskriminierung ausgesetzt sind, können wir – mit beiderseitigem Einverständnis – die Betroffenen unterstützen, indem wir uns mit ihnen solidarisieren. Ein couragiertes Auftreten und das Engagement gegen Diskriminierung im Alltag kann andere darauf aufmerksam machen, dass sie sich diskriminierend verhalten.
Auf institutioneller Ebene können gezielte Maßnahmen mehr Chancengleichheit schaffen, indem beispielsweise Menschen mit einer Leseschwäche mehr Zeit für eine Prüfung bekommen oder bei Stellenausschreibungen Menschen mit Behinderung oder Frauen bei gleicher Qualifikation der Vorzug gegeben wird.
Diskriminierung und Hass sollten gemeldet werden. In sozialen Netzwerken können Beiträge an die Betreiber:innen gemeldet werden. Sie sind dann dazu verpflichtet, den Fall zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen. Auch offline sollten Betroffene sich Hilfe holen und nicht mit der Erfahrung alleine bleiben. Informationen und Links zu Anlaufstellen haben wir hier in dem Blogbeitrag „Hilfe holen! Unterstützung und Initiativen beim Thema Hate Speech“ zusammengefasst.
Darüber hinaus kann Anzeige erstattet werden. Für die Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken wurde dafür speziell das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet. Diskriminierung an sich ist jedoch noch kein Straftatbestand, dafür müssen Straftaten wie zum Beispiel Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede oder auch Volksverhetzung vorliegen. Wer davon betroffen ist – online wie offline – sollte im konkreten Fall Beweise sammeln (Screenshots und Gedächtnisprotokolle anfertigen) und Zeug:innen suchen.
Eine ergänzende Strategie ist, öffentlich das Bewusstsein für Diskriminierung zu schärfen, indem Diskriminierungserfahrungen zum Beispiel in Social Media geteilt und sichtbar gemacht werden. Die Kampagne #metoo ist hierfür ein Beispiel, welches das Thema Sexismus gegen Frauen im gesellschaftlichen Diskurs enorm vorangebracht hat.
Ergänzend erläutern wir in unserem Beitrag zur Meinungsfreiheit, wo die freie Meinungsäußerung endet und Diskriminierung beginnt.
Für die Einbettung dieses relevanten Themas in die Bildungsarbeit, finden Sie hier Links und Materialien:
Handbuch zur “Bekämpfung von Hate Speech im Internet durch Menschenrechtsbildung” des No Hate Speech Movements
“Klappe gegen Rassismus” – Handreichung für die pädagogische Arbeit in der Schul- und Jugendarbeit vom RAA Mecklenburg-Vorpommern
Ratgeber der Amadeo Antonio Stiftung zur frühkindlichen Bildung in der Kita zum Thema Rassismus.
Materialien für eine inklusive Medienpädagogik mit Praxisbeispielen von der Landesarbeitsgemeinschaft Lokale Medienarbeit NRW e.V.
Welche Erfahrungen oder Praxistipps habt ihr? Wir freuen uns, wenn ihr eure Hinweise in den Kommentaren teilt.
Kreatives Denken zum Wochenstart: Jördis Dörner schreibt in unserem Projekt Learning Architects aller zwei Wochen an alle Lerngestalter:innen. Der Newsletter möchte inspirieren, anregen und Menschen ins Handeln bringen.