Das Erzählen von Geschichten ist eine Kulturtechnik mit langer Tradition. Geschichten wecken Aufmerksamkeit und sie lassen Bilder in unseren Köpfen lebendig werden. So lassen sich komplexe Sachverhalte einfacher darstellen, Problemlösungen skizzieren oder auch verschiedene Perspektiven verdeutlichen. All das sind Dinge, die wir in der Bildung gut gebrauchen können.
Das Geschichtenerzählen, oder auch Storytelling, wird insbesondere im Marketing als Methode eingesetzt. Immer häufiger finden wir Storytelling aber auch im Journalismus, in der Wissenschaft und Bildung. Digitale Technologien machen die anschauliche Gestaltung von Geschichten über verschiedene Kanäle möglich. Aber wie erzählt sich eine gute Geschichte?
Das wichtigste Element einer Geschichte ist die Heldenfigur. Über ihr Handeln werden nicht nur Sachinformationen transportiert, sondern vor allem Emotionen hervorgerufen. Damit eine Identifikation stattfinden kann, muss die Figur einen Bezug zur Lebenswelt der Lernenden haben. Dabei spielt auch die Wahl des Mediums eine wichtige Rolle.
Die Dramaturgie bildet den Spannungsbogen einer Geschichte. Damit lässt sich die Aufmerksamkeit der Zielgruppe gewinnen oder verlieren. Klassischerweise werden Geschichten in fünf Phasen geteilt:
(1) Zu Beginn werden die handelnden Personen und Orte eingeführt. Beschrieben wird oft eine Routine aus dem Leben der Heldenfigur.
(2) Diese Routine wird unterbrochen und es zeigt sich ein Konflikt oder ein Problem, welches gelöst werden muss. Die Heldenfigur macht sich auf den Weg und die Spannung steigt.
(3) Das Problem scheint gelöst, womit der Höhepunkt der Geschichte erreicht wäre.
(4) Um die Spannung noch weiter zu steigern, stellen sich nochmals Schwierigkeiten und Verzögerungen ein und es müssen mitunter alternative Lösungen gefunden werden.
(5) Am Ende ist das Problem gelöst, die Heldenfigur ist am Ziel und zurück in ihrer Routine. Oder aber die Geschichte endet in einer Katastrophe.
Durch digitale Werkzeuge haben sich die Möglichkeiten des Storytellings immens vergrößert. Geschichten werden über verschiedene Plattformen und Kanäle hinweg erzählt und miteinander verknüpft. Über Social Media können die Protagonist:innen so der Zielgruppe der Lernenden viel näher kommen, als zuvor.
Die Bundeszentrale für politische Bildung startete 2019 zum Beispiel ein Projekt, indem sie die Geschichte rund um den Mauerfall von einer jungen Frau über einen Messenger erzählen ließ. Wer via Messenger “Der Mauerfall und ich” abonnierte, erhielt täglich einen Text, ein Bild oder eine Sprachnachricht von der Protagonistin Kathrin, die von ihrem turbulenten Alltag in den letzten Monaten der DDR in Leipzig erzählt. Sie berichtete live von den Demonstrationen, von Diskussionen mit ihren Eltern und vom Moment der Maueröffnung. Die Geschichte ist illustriert mit Zeichnungen und ergänzt um originale Quellen und verlinkte Tagesschaubeiträge von 1989.
Geschichten können nicht nur genutzt werden, um durch sie zu lernen, sondern auch umgekehrt: Die Lernenden kreieren Geschichten und gestalten diese mit Hilfe von digitalen Medien selbst. Es gibt eine Menge Tools, die sich für das digitale Geschichtenerzählen in Lern-Setting eignen. Wir möchten an dieser Stelle nur mal ein paar geeignete und recht niedrigschwellige Tools nennen:
CodiMD: Gemeinsam eine Geschichte in einem Online-Pad schreiben
Twine: Interaktive, textbasierte Geschichten kreieren
Scratch: Interaktive Geschichten und Games programmieren
Actionbound: Multimediale Rallyes für das Smartphone mittels eines Baukastensystems selbst erstellen
CoSpaces: Virtual Reality-Erlebnisse bauen
Zur weiteren Vertiefung des Themas Digital Storytelling in Fotos, Videos oder sogar Games möchten wir unseren kostenlosen Online-Kurs Digital Storydesign, den wir im Jahr 2018 für die Think Big eCademy produziert haben, empfehlen.
Wenn ihr noch etwas tiefer die Thematik des Geschichtenerzählens eindringen wollt, empfehlen wir euch unseren Beitrag “Erzähl mir nix?! Storytelling, Narration und Geschichten in der Bildung“. Hier werfen wir einen tieferen Blick auf die Kulturtechnik des Geschichtenerzählens und den Begriff Narrativ. Zudem beleuchten wir warum Storytelling so gut funktioniert und uns Geschichten in den Bann ziehen.
Durch Social Media-Platformen wie zum Beispiel Instagram haben sich neue Spielarten des Geschichten erzählen etabliert. In “Die Faszination für Influenercer:innen und ihre Geschichten” nehmen wir euch mit in die Welt des Influencing und werfen einen Blick hinter die Kulissen.
Spannende Beispiele gelungener Storytellingprojekte stellen wir in dem Artikel “6 Beispiele für digitales Storytelling” vor.
Oder du klopfst einfach bei uns an und schreibst uns. Wir freuen uns über deine Geschichte, Projektideen oder Nachfragen. Gern beraten wir dich mediendidaktisch bei deinem Storytelling Vorhaben.
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Kreatives Denken zum Wochenstart: Jördis Dörner schreibt in unserem Projekt Learning Architects aller zwei Wochen an alle Lerngestalter:innen. Der Newsletter möchte inspirieren, anregen und Menschen ins Handeln bringen.