Diversität als Chance_Fotografie_Hände unterschiedlicher Hautfarbe die gemeinsam ein Herz formen

Diversität als Chance – im digitalen Raum, auf der Straße, im Herzen

Das Thema Diversität ist facettenreich und komplex. Es betrifft alle Bereiche unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. In unseren letzten beiden Blogbeiträgen („Diversität und Inklusion in der Bildung“ und „Diversität im Bildungskontext umsetzen“) haben wir uns den begrifflichen Grundlagen gewidmet und praktische Anwendungsmöglichkeiten für eure Bildungsarbeit vorgestellt. In diesem Beitrag schauen wir allgemeiner auf das Thema Diversität und möchten euch Tipps für euren Alltag mitgeben.

5 Empfehlungen für euren Alltag

Wie wir denken und handeln, ist oft tief in uns verankert. Wir können unsere Sozialisation und unseren Blick auf die Welt und andere Menschen nicht von jetzt auf gleich ändern. Dennoch ist es möglich, tief versteckte Stereotype und Schubladendenken zu entlarven und an sich selbst zu arbeiten.

  • Lerne andere Perspektiven kennen und beschäftige dich mit ihnen. Welche Schwierigkeiten haben zum Beispiel behinderte Menschen im Alltag? Wie steht es um Barrierefreiheit in deiner Stadt? Wie ausgrenzend sind schwierige sprachliche Formulierungen? Wo erfahren beispielsweise People of Color (PoC) Diskriminierung im Arbeitsleben? Informiere dich auf den Internetseiten von Selbstorganisationen oder folge Leuten auf Social Media, die ihre Erfahrungen teilen. Ein paar Beispiele findest du weiter unten im Beitrag.
  • Hör aufmerksam zu. Wo finden Verletzungen statt, die Außenstehenden vielleicht gar nicht bewusst sind? Nimm diese ernst, auch wenn du sie selbst nicht erlebst. Welche ganz konkreten Wünsche und Forderungen zu einem gleichberechtigten Miteinander haben von Diskriminierung betroffene Menschen? Was muss sich ändern?
  • Erkenne deine Privilegien. Mir selbst darüber bewusst zu werden, wo in unserer Gesellschaft ich es leichter habe als andere, ist ein wichtiger Schritt. Werde ich auf dem Arbeitsmarkt diskrimiert? Habe ich wegen meines Nachnamens Probleme eine Wohnung zu finden? Werde ich wegen meiner Hautfarbe ungewöhnlich oft von der Polizei kontrolliert? Wurde ich schon mal für mein gutes Deutsch gelobt? Muss ich auf dem Nachhauseweg im Dunkeln Angst haben? Tipp: In unserem Beitrag „Diversität und Inklusion in der Bildung“ stellen wir die Methode „Ein Schritt nach vorn“ vor.
  • Positioniere dich und nenne Diskriminierung beim Namen.
  • Solidarisiere dich und misch dich ein, aber sprich nicht für andere. Es ist unsere Gesellschaft und wir alle können einen Beitrag dazu leisten, dass sich alle Menschen sicher und willkommen fühlen. Frag Betroffene wie du sie unterstützen kannst.

Spannende Kanäle zum Thema Diversität

Gerne möchten wir euch daher einige Initiativen und Social Media-Kanäle von Menschen vorstellen, die sich dem Kampf für mehr Vielfalt verschrieben haben und mit spannenden Aktionen, Kampagnen, Beiträgen und erhellenden Tipps zu mehr Miteinander und gegenseitigem Respekt beitragen.

Fachstelle Gender & Diversität NRW

Die Fachstelle Gender & Diversität NRW, kurz FUMA, ist eine Qualifizierungs- und Beratungsstelle im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Sie hat die Vision einer geschlechtergerechten und diversitätssensiblen Pädagogik und bietet Fachkräften vielfältige Qualifikations-, Beratungs- und Informationsangebote zu den Themenfeldern Gender, Interkulturalität und Diversität an. Außerdem entwickeln sie Materialien und Methoden für die Praxis und stellen allen Interessierten dieses Wissen zur Verfügung. Auf ihrer Instagramseite posted das FUMA-Team neben Hinweisen zu ihrem Praxismaterial und Veranstaltungen regelmäßig Beiträge für und über junge Menschen rund um Themen wie beispielsweise Crossdressing, Empowerment und Body Shaming. Ihr wollt auch wissen, was das ist? Dann schaut einfach bei @fuma_fachstelle vorbei.

Bloggerin und Moderatorin Nhi Le

Auf ihren Social Media-Kanälen setzt sich die gebürtige Thüringerin und Wahlleipzigerin mit Themen wie Feminismus, Rassismus, digitalen Medien und Popkultur auseinander. Nhi Le hat vietnamesische Wurzeln und berichtet in ihrer Arbeit unter anderem auch von eigenen Erfahrungen mit Rassismus. Durch ihre Herkunft kann sie sowohl aus einer migrantischen als auch einer ostdeutschen Perspektive auf die Dinge blicken. Sie ist zudem als Speakerin, Bloggerin, Journalistin und Moderatorin aktiv. Auf jetzt.de schrieb sie für ein Jahr die Kolumne „The Female Gaze“. Auf ihrer Instagramseite @nhile_de findet ihr Workshopangebote zu Themen wie Hate Speech und Antirassismus sowie Hinweise auf ihre Blogbeiträge und Kolumnen.

Aktivist, Autor und Podcaster Raul Krauthausen

Der umtriebige Aktivist Raul Krauthausen ist das wohl bekannteste Gesicht, wenn es um Inklusion, Menschenrechte und Barrierefreiheit geht. Er studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation sowie Design Thinking und weiß, auf welche Hürden man in den Köpfen und auf den Straßen stoßen kann. Als Mensch mit Behinderung begegnet er selbst den widrigen Gegebenheiten für Rollstuhlfahrer:innen, den Ungeschicktheiten im Umgang der Menschen mit behinderten Personen, aber auch Beleidigungen und Ausgrenzung. Der Blogger, Podcaster und Autor ist ein Kommunikator auf allen Kanälen. Auf seinen Social Media-Kanälen (zum Beispiel Instagram: @raulkrauthausen) gibt er wertvolle Tipps für einen diversitäts- und sprachsensiblen Umgang und erklärt, wie Inklusion und Barrierefreiheit aussehen können. Gemeinsam mit seinem Cousin hat er zudem auch den „Sozialhelden e.V.“ gegründet. Hier engagiert sich ein Netzwerk von Menschen für soziale Gerechtigkeit. Die Sozialhelden sind auch die Initiator:innen des Internetportals Leidmedien, über das wir bereits in unserem Blogbeitrag „Diversität im Bildungskontext umsetzen“ hingewiesen haben. Raul wurde für seine Arbeit bereits mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und dem Grimme Online Award Spezial geehrt.

Moderatorin und Videojournalistin Esra Karakaya

In der Community Talkshow Karakaya Talk von funk spricht Esra Karakaya mit ihren Gäst:innen über Popkultur und Politik. Das Spannende daran sind die Themen und Perspektiven, die Gehör finden. Karakaya Talk ist die erste Talkshow in Deutschland aus einer Perspektive of Color. Es geht unter anderem um Body Positivity, Gentrifizierung, Kopftuch tragen, Diversitätscheck von Fridays for Future, Therapie, Protest und Dating – frei nach dem Motto: Wie Geschwister streiten, aber niemals vergessen zu lachen. Die Talkshow wurde 2020 mit dem Axel Springer Preis für junge Journalisten und mit dem Grimme Online Award in der Kategorie Kultur und Unterhaltung geehrt. Leider ist das Talkformat schon vorbei. Dennoch kann man alle Folgen auf dem YouTube-Channel nachschauen. Ihr neues Format Karakaya Talks heißt nicht bloß fast genauso; es knüpft auch daran an. Außerdem ist Esra Karakaya Ensemblemitglied des Satireformats Datteltäter, das wir euch in unserem Blogbeitrag „Bildung auf YouTube: Unsere liebsten Kanäle“ vorgestellt haben. Gerade macht sie mit „Honigtraum“ einen Podcast mit dem Poetry-Slammer Youssef Adlah über Dating, Intimität, Sex, Erotik und Partnerschaft in der deutsch-muslimischen Community. Auf Instagram findet ihr sie unter @ms_blackrock. Wir dürfen also gespannt sein, auf Esras nächste Projekte.

Influencer und Schwarzer Lehrer Emmanuel Krüss

Als Lehrer gibt Emmanuel Krüss alias Emulution auf TikTok (Emulution) und Instagram (@Emulution) regelmäßig humorvolle Einblicke in seinen Arbeitsalltag. Dabei thematisiert er auch Rassismus und beantwortet Kommentare aus der Community. Außerdem geht er den Fragen nach wie ist es, wenn einem als Lehrer über 600.000 junge Menschen folgen und wie man die sozialen Medien sinnvoll im Musikunterricht einsetzen kann. Doch nicht bloß auf TikTok ist Emmanuel unterwegs. Er betreibt als Gesangslehrer auch seinen eigenen Youtube-Kanal: Singtipsbyemu.

Künstlerin, Jüdin und Aktivistin Sarah Borowik-Frank

Sarah Borowik-Frank ist Bildungsreferentin, Künstlerin, Jüdin, Aktivistin und Kämpferin gegen Antisemitismus. Sie ist 1991 in einer Unterkunft für Geflüchtete in Zittau geboren und war dort das erste jüdische Kind seit dem Holocaust. Sarah möchte jüdisches Leben in der Gegenwart sichtbar machen und Wissen darüber vermitteln. Ein wichtiges Thema ist für sie auch der wachsende Antisemitismus in Deutschland. Bildung, Nahbarkeit und Empathie sind für sie der Schlüssel gegen Hass und Menschenfeindlichkeit. Ihr Motto: „Wie willst du denn Empathie haben für ein Volk oder einen einzelnen Menschen, wenn du gar nichts über ihn weißt?“ Als orthodoxe Jüdin ist sie immer wieder antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Auf Instagram ist ihr Profil deshalb privat. Ihr könnt ihr trotzdem auf ihrem Kanal @sarah.borowik folgen und nach Freischaltung ihre Posts sehen. Mit ihrer Podcast-Idee „Hustle Tov – Dein Podcast für jüdisches Leben in Deutschland“ hat sie 2020 den Wettbewerb von re:publica und deezer gewonnen und wir können gespannt sein auf die erste Folge, die noch dieses Jahr erscheinen soll.

Der Podcast der Sozialorganisation Aktion Mensch

Chancengleichheit und Inklusion sind die Hauptthemen des Podcasts „All Inclusive“. Wöchentlich erscheint eine neue Folge, in der Moderatorin Ninia LaGrande mit ganz unterschiedlichen Gäst:innen und Expert:innen ins Gespräch kommt – zu allen Themen des Lebens von Dating über Arbeitsalltag bis hin zu Barrieren und dem Wunsch nach mehr Akzeptanz, mehr Repräsentation und mehr Diversität in Film, Fernsehen, Politik und Wirtschaft. Ninia LaGrande ist engagiert auf allen Ebenen. Sie ist Podcasterin, Moderatorin für politische Themen, Schauspielerin und Autorin von Büchern sowie für Zeitschriften und online Medien, wie Missy Magazin, taz, bento, leidmedien.de oder jetzt.de. In Sozialen Netzwerken macht sie sich stark für inklusive und feministische Themen. Ihr findet sie als @ninialagrande auf Instagram. Die Aktion #ausnahmslos, die Ninia im Januar 2016 gemeinsam mit 21 anderen Frauen ins Leben gerufen hat, wurde mit dem Clara-Zetkin-Frauenpreis für politische Intervention geehrt. Im Jahr 2020 erhielt die Hannoveranerin für ihr Engagement den Stadtkulturpreis des Freundeskreises Hannover.

Der Podcast "Realitäter:innen" von Lúcia Luciano und Gizem Adiyaman

Lúcia Luciano und Gizem Adiyaman sind Freundinnen, Berlinerinner, Frauen of Color, DJ-Duo und Veranstalter:innen. Sie nennen sich hoe_mies und defnieren mit ihren queerfeministischen, inklusiven Partys nicht nur die Partyszene aus ihrer Perspektive, sondern setzen auch wichtige Akzente in politischer Bildung. In ihren Storys auf Instagram (@hoe_mies) posten sie Analysen zu Themen wie Antisemitismus, Nahostkonflikt, Klassismus, Diversity oder Obdachlosigkeit. Auf Tour begegnen sie vielen spannenden Menschen. Daraus entwickelte sich die Idee von einem eigenen Podcast. Dieser heißt „Realitäter:innen“ und hat 28 Folgen, in denen die beiden Realitäten und Identitäten abseits des Mainstreams in den Vordergrund rücken. Sie sprechen mit ihren Gäst:innen über Themen aus Popkultur und Gesellschaft, zum Beispiel über die Verantwortung von Influencer:innen oder darüber, warum Rassismus uns alle etwas angeht. Von Body Positivity über Fast Fashion und die Diversität im Feminismus bis hin zu Kinderwunsch, Leben mit HIV oder der Sinnhaftigkeit von Haftstrafen besprechen sie aktuelle Themen, die die Community bewegen. Hört rein!

Roma- und Queeraktivist Gianni Jovanovic

Gianni Jovanovic ist Roma, schwul, Vater, Großvater, Performer, Unternehmer, Aktivist, Empowerment-Trainer und Initiator von Queer Roma. Was widersprüchlich scheint, vereint er in seiner Person. Auf seiner Homepage ist zu lesen: „Der Mann passt in keine Schublade!“ An seinem Coming-Out sei er fast zerbrochen, dennoch war es der wichtigste Schritt in seinem Leben. 2015 hat er als erster einen Roma-und-Sinti-Wagen auf dem Christopher Street Day in Köln organisiert. Er bietet Workshops und Vorträge zu den Themen intersektionale Diskriminierung, Sinti und Roma sowie Persönlichkeitsentwicklung an, organisiert Kulturveranstaltungen mit Schwarzen Menschen und PoC. Gianni Jovanovic ist selbst Sohn einer traditionellen Roma-Familie und Kind sogenannter Gastarbeiter:innen. Zunächst freudig begrüßt, kippte die Stimmung bald in Ablehnung, Hass und Gewalt. Dies ging von Beschimpfungen bis hin zu dem Wurf eines Molotowcocktails auf das Haus seiner Familie in Darmstadt. Mit 14 Jahren verheirateten ihn seine Eltern, mit 17 war er zweifacher Vater und mit Anfang 20 outete er sich als schwul. Sein ungewöhnliches Leben diente auch schon als Romanvorlage für Katja Behrens´ Buch „Nachts, wenn Schatten aus dunklen Ecken kommen”. Heute lebt er in Köln, ist wieder verheiratet – mit einem Mann – und kämpft unermüdlich, teils humorvoll und immer sprachlich höchst eloquent, gegen Rassismus und Homophobie. Ihr findet ihn auf Instagram unter @giannijovanovic78. Außerdem gibt es spannende Video-Interviews auf seiner Homepage. Ans Herz legen möchten wir euch auch das wunderbare Gespräch zwischen Gianni und seiner Tochter Vanessa über sein Outing, Familie, Roma sein, mehrfache Diskriminierung erfahren und die Lust am Leben nicht verlieren. Das Gespräch findet ihr im YouTube-Kanal von Auf Klo.

7 Tipps für mehr Diversität in der Bildung

Nachdem wir euch nun eine kleine Auswahl von engagierten, schlauen und kraftvollen Initiativen, Menschen und Medien vorgestellt haben, möchten wir noch einmal zurückkommen zur Bildungsarbeit und wie ihr diese diverser gestalten könnt. Hier kommen noch einmal sieben Tipps für euch:

  • Reflektiere deine eigene Position und Perspektive. Gibt es Stimmen aus der jeweiligen Community, die du in die Gestaltung deines Workshops oder deiner Unterrichtsstunde integrieren kannst? Begib dich auf die Suche. Vielleicht helfen dir unsere Tipps. Hilfreich ist auch der YouTube-Channel “Hyperbole”, auf dem Menschen unterschiedlichster Hintergründe und Berufe aus ihrem Leben berichten und Community-Fragen beantworten, von Notarzt über Pfarrerin und Kleinwüchsigem bis zur Zwangsverheirateten.
  • Für die Reflexion der eigenen Haltung und Werte hilft der Anti-Bias Ansatz, den wir in unserem Beitrag „Diversität und Inklusion in der Bildung“ beleuchtet haben.
  • Frage dich: Wer spricht worüber? Erkenne deine eigenen Wissens- und Erfahrungsgrenzen. Lade Expert:innen für Workshops oder Vorträge ein oder suche im Netz nach Videos, in denen Menschen selbst über ihre Erfahrungen berichten.
  • Überprüfe dein Anschauungsmaterial und stelle dir zum Beispiel die Fragen: Können sich meine Teilnehmenden damit identifizieren? Sind stereotype Darstellungen erkennbar? Sind alle Protagonist:innen weiß? Wer spricht (zum Beispiel in Erklärvideos) und wer hört zu? Findest du klischeehafte Darstellungen von Familie und Rollenzuschreibungen? Sind Menschen mit Behinderung genauso am Diskurs beteiligt? Sprechen die dargestellten Menschen auf Augenhöhe miteinander?
  • Eine hilfreiche Unterstützung bieten dafür der Artikel How-to: Vielfalt in Bildern erzählen der Bundeszentrale für politische Bildung und das Projekt Bilder im Kopf, das für eine stärkere Repräsentanz von Vielfalt in Kinder- und Jugendmedien eintritt.
  • Sei dir darüber bewusst, dass Menschen in unserer Gesellschaft aufgrund von Diskriminierung unterschiedliche Erfahrungen machen. Bloß weil ich etwas nicht erlebe, bedeutet das nicht, dass andere es auch nicht erleben können. Also wenn ich beispielsweise aufgrund meiner weißen Hautfarbe und meines deutschen Namens keinerlei Probleme habe, eine Wohnung zu bekommen, heißt das nicht automatisch, dass das für alle Menschen in unserer Gesellschaft gilt.
  • Für noch mehr Tipps empfehlen wir unseren Beitrag “Diversität im Bildungskontext umsetzen”.

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