Online-Jugendarbeit Blogbeitrag

Online-Jugendarbeit als Möglichkeit

Nicht erst seit der Corona-Pandemie wird es immer wichtiger, digitale Medien in die pädagogische Arbeit zu integrieren. Der Vorteil: Junge Menschen werden dort erreicht, wo sie sich viel aufhalten. Die Lebenswelt junger Menschen ist geprägt von digitalen Medien. Fast jeder Haushalt in Deutschland ist mit Internetzugang ausgestattet und 94% der Jugendlichen haben ein eigenes Smartphone (JIM-Studie 2020). Das Smartphone begleitet Jugendliche ganz selbstverständlich in ihrem Alltag.

Online-Jugendarbeit: Wie erreicht ihr eure Zielgruppe?

Ihr plant, eine eigene Social Media-Präsenz zu starten, um darüber in den Austausch mit eurer Zielgruppe zu treten und Informationen zu teilen? Hierfür eignen sich je nach Zielgruppe Instagram, YouTube, Facebook oder TikTok. Wichtig ist, dass ihr das gewählte Medium gut kennt (oder wenn nicht, euch gut einarbeitet) und euch in ihm zu Hause fühlt.

Nun solltet ihr – auch in Hinblick auf eure Kapazitäten – Ziele abstecken. Wollt ihr Informationen und Inhalte teilen, beraten oder Bildungs- und Hilfsangebote machen? Wer ist eure Zielgruppe, wen möchtet ihr erreichen? Definiert eure Zielgruppe: Wie alt sind die Menschen, die ihr ansprechen möchtet? Welche politischen Werte haben sie und welche Interessen? Wo halten sie sich auf? Welche Apps nutzen sie und welche Inhalte sind gerade angesagt?

Tipp: Hierfür eignet sich die Persona-Methode besonders gut. Damit könnt ihr euch ein Bild von typischen Vertreter:innen eurer Zielgruppe und deren Bedürfnissen machen. Ursprünglich aus dem Marketing stammend, kann diese Methode auch auf pädagogische Projekte und die Online-Jugendarbeit übertragen werden. In der Methode entwerft ihr eine fiktive Person und verseht sie mit Namen, Alter, Bildungshintergrund, Aussehen, Werten, Verhaltensweisen und typischen Äußerungen. Auch könnt ihr der Person ein Gesicht geben – entweder gezeichnet oder Stockfotos – und euch somit gut vorstellen, wen ihr ansprechen möchtet.

Wichtig: Beim Einsatz von Social Media in der Bildungsarbeit solltet ihr darauf achten, authentisch zu bleiben. Versucht nicht, beispielsweise die Sprache der Zielgruppe zu adaptieren. Das wirkt schnell künstlich und peinlich.

Kennt ihr schließlich eure Ziele und die Zielgruppe, solltet ihr euch nach geeigneten Social Media-Kanäle umsehen. Bedenkt hierbei immer, dass eure Zielgruppe und die Wahl des Kanals zusammengehören, da Menschen die verschiedenen Social Media-Plattformen je nach Alter und Interessen aus unterschiedlichen Motiven nutzen. So sind Jugendliche von 12-19 Jahren nicht mehr auf Facebook zu finden. YouTube ist nach wie vor die Lieblingsplattform dieser Altersgruppe (JIM Studie), gefolgt von Instagram. Laut der aktuellen JIM-Studie (2020) hat das Videoportal TikTok an Beliebtheit gewonnen und wird von jedem:jeder zehnten Jugendlichen als Lieblingsangebot genannt.

Online-Jugendarbeit lebt von Interaktion

Ebenso wie in analogen Settings und Angeboten braucht eure Zielgruppe Sicherheit, wann und wie sie euch erreichen kann. Schafft Kontaktmöglichkeiten und achtet darauf, eure Ansprechzeiten klar zu kommunizieren und einzuhalten. Vertrauen entsteht durch Kontinuität und Verlässlichkeit. Legt fest, welche Inhalte und Angebote ihr auf welchen Plattformen teilen möchtet und kommuniziert dies transparent und zuverlässig. Wenn ihr einen Social Media-Kanal betreiben wollt, auf dem ihr lediglich Informationen bereitstellt, ihr aber sonst keine weiteren Angebote wie Beratungsmöglichkeiten macht, muss dies für eure Zielgruppe deutlich erkennbar sein, damit Nachrichten nichts ins Leere laufen und ihr an Vertrauen einbüßt.

Legt euch für eure Online-Jugendarbeit ein professionelles Profil an, zeigt aber eurer Zielgruppe, dass hinter dem Profil ein Mensch bzw. ein Team steckt. Dies baut Berührungsängste ab und schafft eine persönliche Ebene. Auch könnt ihr in eurem Profil die Mitarbeiter:innen eures Teams und deren Aufgabenbereiche vorstellen, so dass deutlich erkennbar wird, wer die jeweiligen Ansprechpartner:innen sind. So habt ihr die Möglichkeit, eurem Team ein Gesicht zu geben. Achtet jedoch auch hier auf Privatsphäre und behaltet eure Zielgruppe im Blick. Solltet ihr es vorziehen, ohne Fotos des Teams zu arbeiten, könnt ihr zum Beispiel die Profilbilder im Comic-Stil gestalten. 

Die Betreuung von Social Media-Accounts wird gerne unterschätzt, macht sie doch viel Arbeit. Überprüft eure Kapazitäten und personellen Ressourcen. Sinnvoll ist es, wenn ihr euch zu Beginn für nur einen Kanal entscheidet, diesen aber umfassend betreut, ansprechende, durchdachte Inhalte postet und zuverlässig für eure Zielgruppe erreichbar seid.

Startet eine Social Media-Kampagne

Eine gut geplante und zeitgemäße Kampagne erregt Aufmerksamkeit, sorgt für Interaktion und verhilft eurem Account zu mehr Sichtbarkeit. Überlegt euch ein Thema, das zu eurer Online-Jugendarbeit sowie eurer Zielgruppe passt und erarbeitet die passenden Inhalte, z. B. in Form von Erklärposts, Sharepics, Fotos, Videos und Stories. Überlegt euch einen Hashtag, unter dem die Kampagne läuft und ergänzt in den einzelnen Posts weitere thematisch passende Hashtags.

Tipp: Überprüft die Hashtags hinsichtlich ihrer Reichweite bei eurer Zielgruppe. Analysiert die Klickzahlen und evaluiert eure Erfolge. Beispiele für Instagram-Kampagnen sind #stadtlandhass von Hate Aid gegen Hassrede im Netz, #iamstreetberlin, die über ihren Account alternative Narrative teilen und Diversität sichtbar machen sowie #mehralsherzen – Verteile mehr als Likes im Netz, eine Kampagne, die wir gemeinsam mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung durchgeführt haben.

Gute Inhalte zu produzieren, kann gerade bei Videos teuer werden und viel Zeit in Anspruch nehmen. Leider spiegelt sich die Qualität des Contents nicht unbedingt in den Klickzahlen wider. Damit eure Inhalte eine höhere Reichweite erzielen, lohnt es sich, einzelne Beiträge zu promoten, also für Reichweite zu bezahlen. Das muss nicht teuer sein, lohnt sich aber. So könnt ihr eure Inhalte zum Beispiel gezielt in Filterblasen platzieren und junge Menschen direkt “am Ort des Geschehens” erreichen. Hinzu kommt, dass eine große Followerschaft die Vertrauenswürdigkeit eures Accounts nach außen hin erhöht.

Hinweise:

  1. Postet eure Beiträge in thematisch passende Facebook-Gruppen.
  2. Teilt Instagram Posts automatisch auf Facebook, indem ihr die beiden Konten miteinander verknüpft. Das geht zum Beispiel ganz leicht mit der Instagram App auf dem Smartphone.
  3. Nutzt positiv besetzte Beiträge, um einen bejahenden Diskurs anzuregen, der auf Gemeinsamkeiten statt auf Unterschiede abzielt und ein Gemeinschaftsgefühl schafft.
 

Kommunikation in der Online-Jugendarbeit

Wenn ihr ein Gespräch beginnt, überlegt euch vorher, warum ihr auf einen geposteten Beitrag eingehen möchtet. Was ist eure Absicht?

Die richtigen Worte zu finden, ist manchmal gar nicht so einfach. Die Art und Weise der Kommunikation entscheidet darüber, ob wir eine Beziehung als positiv und verbindend wahrnehmen oder uns distanzieren. Eine gewaltfreie und wertschätzende Kommunikation ist die Grundlage für ein zielführendes Miteinander.

Wichtige Punkte sind:

  • Gefühle und Bedürfnisse sind zentral
  • Gebt den Menschen Raum und nehmt ihre Bedürfnisse ernst
  • Stellt Fragen und zeigt damit, dass ihr ein wahres Interesse habt
  • Sendet Ich-Botschaften und Bitten statt Forderungen
  • Fragt nach, um herauszufinden, welche Sorgen, Ängste oder Bedürfnisse hinter gewissen Äußerungen stecken
  • Sucht Kooperation statt Streit
  • Hört zu und versucht einen Perspektivwechsel
  • Findet heraus, was euer Gegenüber braucht und fragt, wie ihr unterstützen könnt

 

Einen Umstand, den ihr bei der Online-Jugendarbeit stets im Hinterkopf behalten solltet, ist, dass ein großer Teil der Kommunikation auf einer rein schriftlichen Ebene erfolgt – also weder Mimik noch Tonlage übermittelt werden. Daher ist es besonders wichtig, unmissverständlich zu kommunizieren. Verfasst kurze, verständliche Nachrichten. Lange Nachrichten könnten erschlagend wirken, nicht richtig gelesen werden und so zu Missverständnissen führen. Überlegt euch gut, wie ihr Fragen formuliert, ohne bereits eine Annahme über eurer Gegenüber mitzusenden. Ein Beispiel: Statt „Wovor hast du Angst?“, was bereits eine Angst annimmt, ist es besser, zu formulieren: „Kann es sein, dass du schlechte Erfahrungen gemacht hast? Kann es sein, dass du dich vor etwas fürchtest?“