Grafik vor rotem Hintergrund mit einer Person vorm Laptop. Daneben: Future Skills (Zukunftskompetenzen)

Zukunftskompetenzen: Wissen und Fähigkeiten zusammen denken

In einer sich rasant verändernden Welt, die geprägt ist von digitaler Transformation, zeichnet sich auch ein Wandel der nötigen Kompetenzen ab, um auch künftig erfolgreich zu sein und gesellschaftlich teilhaben zu können. In der Bildung werden diese Fähigkeiten als Zukunftskompetenzen (Future Skills) bezeichnet. In diesem Blogbeitrag möchten wir euch eines von mittlerweile zahlreichen Modellen zum Thema Future Skills vorstellen und euch praktische Tipps für eure pädagogische Arbeit geben.

Gesellschaftliche Transformation

Die Art und Weise, wie wir Wissen erwerben, teilen und nutzen hat sich tiefgreifend gewandelt. Heutzutage haben wir nahezu unbegrenzten Zugang zu Informationen und Wissen aus aller Welt, dank des Internets und digitaler Technologien. Das hat das Lernen und die Bildung von einem traditionellen, lehrerzentrierten Ansatz zu einem viel stärker lernenden Ansatz verändert. Auch werden künftig immer mehr Teilbereiche der Arbeit von Maschinen übernommen werden, was unsere Arbeitswelt sehr prägen wird. Viele Berufe wird es so nicht mehr geben, dafür werden allerdings andere entstehen. Automatisierung, neue Kommunikationstechnologien und die Fortschritte in der künstlichen Intelligenz werden die Berufsbilder wandeln. Dies erfordert flexible Strukturen und Fähigkeiten wie zum Beispiel interkulturelle und Problemlösekompetenz, kritisches Denken, Kreativität und Neugier.

Das CCR-Framework

Es gibt mittlerweile viele verschiedene Modelle, die Zukunftskompetenzen adressieren und je nach Zielsetzung und Ausrichtung variieren. Wir möchten euch das in unseren Augen anschlussfähigste und vielseitigste Modell vorstellen. Das Center for Curriculum Redesign (CCR) präsentiert ein Framework bestehend aus 4 Dimensionen mit 12 dazugehörigen Kompetenzen und 60 Unterkompetenzen. Dieses Framework visualisiert eine Synthese aus zahlreichen anderen Modellen, die Forschende in jahrelanger Forschungsarbeit entwickelt haben. Es fokussiert dabei auf die drei Dimensionen Wissen, Fähigkeiten (Skills), Charaktereigenschaften und Meta-Lernen, auch bekannt als “Lernen lernen”.

Abbildung des CCR-Framework und der vier Dimensionen der Bildung
  • Wissen (Knowledge) beschäftigt sich mit dem „was wir wissen und verstehen“ in einem interdisziplinären Kontext. Dabei geht es um traditionelle und etablierte Disziplinen wie Mathematik und Sprachen, aber auch um neue Disziplinen wie (digitale) Medien und Technologien. Ein weiterer Fokus liegt auf aktuellen Themen wie Globalisierung und Nachhaltigkeit.
  • Der Bereich Fähigkeiten (Skills) umfasst die vier zentralen Kompetenzen:  Kreativität, Kritisches Denken, Kommunikation und Kollaboration.
  • Charakter (Character) betont wichtige Einstellungen oder Haltungen wie Achtsamkeit, Neugier, Mut, Resilienz, Ethik und Führungskompetenzen.
  • Die Dimension des Meta-Lernens ist den drei genannten Bereichen übergeordnet. Dabei geht vor allem um selbstständiges und lebenslanges Lernen sowie um die Fähigkeit, das eigene Lernen zu reflektieren, das Gelernte auf neue Kontexte zu übertragen.

Die Dimension Skills

Die Dimension Skills ähnelt dabei stark dem 4K-Modell. Im CCR-Framework stellt sie einen Teilbereich des zeitgemäßen Lernens dar. Hierbei werden vier zentrale und überfachliche Fähigkeiten herausgestellt: Kollaboration, Kreativität, kritisches Denken und Kommunikation.

  • Kollaboration bezieht sich auf die Fähigkeit, effektiv mit anderen zusammenzuarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Die Lernenden werden in die Lage versetzt, ihre ganz individuellen Stärken und Fähigkeiten in ein Team oder eine Gemeinschaft einzubringen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dabei können sie auf die Bedürfnisse anderer eingehen und so eine erfolgreiche Zusammenarbeit erreichen.
  • Kommunikation meint die Fähigkeit, das eigene Wissen zu teilen, Informationen effektiv zu vermitteln und die Meinungen und Inhalte anderer aufzunehmen. Gute Kommunikator:innen sind in der Lage, ihre Gedanken und Ideen auf klare und präzise Weise auszudrücken und auf die Bedürfnisse ihrer Zuhörer einzugehen. Kommunikationskompetenz beinhaltet auch eine Kultur des Teilens, in der Wissen und Ressourcen geteilt werden, um so zu neuen Lösungen zu gelangen.
  • Kritisches Denken hilft dabei, komplexe Informationen zu verstehen, Sachverhalte zu analysieren und zu bewerten, um informierte Entscheidungen zu treffen. Dazu zählt ebenso die Kompetenz der kritischen Selbstreflexion. Ein Beispiel, in dem kritisches Denken gefragt ist, ist die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Nachrichtenquellen, um zu entscheiden, ob sie als vertrauenswürdig eingestuft werden können.
  • Kreativität ist eine Schlüsselkompetenz für die Lösung komplexer Probleme und für die Entwicklung neuer Ideen. Hierbei geht es darum, neue und innovative Ansätze auf Grundlage des Wissensbestandes oder von Erfahrungen zu entwickeln. Kreative Menschen sind in der Lage, originelle Ideen zu entwickeln und diese auf unkonventionelle Weise umzusetzen.

Wissen UND Fähigkeiten

In dem Buch “Die vier Dimensionen der Bildung” von Charles Fadel, Maya Billig und Bernie Telling (2015), das sich eingehend mit dem CCR Framework befasst, plädieren die Autor:innen ausdrücklich dafür, Wissen und Fähigkeiten zusammen zu denken. Sie betonen, dass rein passiv erlerntes Wissen ohne eine praktische Anwendung seitens der Lernenden kein echtes Verstehen erzeugen kann und somit der Behaltenswert dieses Wissens nur von kurzer Dauer ist. Nur eine Synergie aus Wissen und Fähigkeiten kann Lernende auf eine komplexe Welt vorbereiten, in der sie selbstbestimmt mit Konvergenz und Vielschichtigkeit umgehen können.

Bildung zur Mündigkeit

Um jedoch sicherzustellen, dass die Förderung von Zukunftskompetenzen in der Bildung nicht einer ausschließlichen Ausrichtung auf neoliberale Vorstellungen, eines sich ständig an Markterfordernisse anpassenden Arbeitspersonals führt, müssen unserer Meinung nach bei der Förderung von Zukunftskompetenzen bestimmte Schwerpunkte und Prinzipien betont werden. Dazu zählt zum einen ein Fokus auf die persönliche und soziale Entwicklung der Lernenden. Auch sollte eine Einbettung in eine humanistische Pädagogik gegeben sein, die auf individuelle Entfaltung zielt und Vielfalt sowie soziale Gerechtigkeit im Blick hat. Die Förderung der Future Skills sollte zudem dazu führen, dass Lernende eine kritische Haltung gegenüber den Anforderungen der Arbeitswelt einnehmen und ihre eigenen Vorstellungen von einem guten Leben und einer gerechten Gesellschaft entwickeln.

Methodische Tipps für eure Praxis

Um die Zukunftskompetenzen euer Zielgruppe zu fördern, empfehlen wir euch zum Beispiel den Einsatz sogenannter agiler Methoden. Agilität ist ein Ansatz aus der Softwareentwicklung, der auf Flexibilität, Zusammenarbeit und kontinuierlicher Verbesserung abzielt. Diese Methoden lassen sich auf pädagogische Kontexte gut übertragen, da sie bestimmte Fähigkeiten und Denkweisen fördern, die in einer sich schnell verändernden Welt von entscheidender Bedeutung sind. Hier sind einige Beispiele, wie agile Methoden zur Entwicklung von Zukunftskompetenzen beitragen können.

Agile Methoden

Design Thinking ist eine Methode, die sich auf die Lösung komplexer Probleme konzentriert und dabei die Perspektive der Nutzer:innen einbezieht. Es basiert auf einer iterativen Herangehensweise, bei der Lernende gemeinsam arbeiten, um innovative Lösungen zu entwickeln. Design Thinking fördert das Empathievermögen sowie die Kollaboration und Kommunikation der Lernenden untereinander, indem sie lernen, gemeinsam kreative Ideen zu generieren und diese zu einem konkreten Konzept auszuarbeiten.

Scrum wird häufig im Projektmanagement eingesetzt und zielt darauf ab, komplexe Aufgaben in kleinere, handhabbare Aufgaben zu unterteilen. Dabei arbeiten alle im Team iterativ zusammen und treffen regelmäßig Entscheidungen, um den Fortschritt des Projekts zu überwachen und anzupassen. Scrum fördert die Kollaboration und Kommunikation der Lernenden, indem sie lernen, als Team zusammenzuarbeiten und die Verantwortung für den Erfolg des Projekts zu übernehmen.

Kanban ist eine Methode, die sich auf die Optimierung des Arbeitsflusses konzentriert. Dabei wird der Arbeitsprozess visualisiert und in kleinere Aufgaben unterteilt. Kanban fördert Flexibilität, Kollaboration und Empowerment, da die Lernenden selbstorganisiert und kontinuierlich daran arbeiten, den Arbeitsfluss zu optimieren.

Weiterführende Links

  • Die Förderung der Zukunftskompetenzen ist auch ein entscheidender Teil der Agenda Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) der Vereinten Nationen. Mehr dazu könnt ihr in unserem Blogbeitrag Bildung für Nachhaltige Entwicklung – BNE nachlesen.
  • Ausführliche Tipps zu der agilen Methode Kanban erhaltet ihr im Fobizz-Interview mit Uta Eichborn.
  • Im Interview mit bpb-werkstatt erzählt Nina Toller Einzelheiten über das 4K-Modell, das eine ähnliche Ausrichtung wie die Dimension “Skills” des hier vorgestellten CCR Frameworks hat.